Die Schwarzweiß-Fotos von launigen Equipen junger Starköche, die im Korridor aufgehängt sind, rufen es in Erinnerung: Karl Ederer ist einer der Mitbegründer des deutschen Kochwunders. Der Oberpfälzer, der auf einem Bauernhof im Bayerischen Wald aufwuchs, hat entscheidend zum Erfolg von Eckart Witzigmanns lergendären Restaurants Tantris und Aubergine beigetragen. Im Gegensatz zu seinem Lehrmeister, der sich in der halb-deutschsprachigen Auberge de L‘Ill bei Familie Haeberlin perfektionierte, wagte er den großen Sprung in die 3-Sterne-.Küche des französischen Herzlands, bildete sich bei Koryphäen wie Alain Senderens in Paris und Bernard Loiseau im burgundischern Saulieu.

Das ist lange her, aber geblieben ist Karl Ederer, der seit 1983 an wechselnden Schauplätzen in München wie dem Glockenbach reussierte, souveränes savoir-faire verbunden mit einem auch im High-End-Sektor seltenen Gespür für feinste authentisch regionale Saisongerichte. Unvergessen wie auf seinem Ostermenu in den Fünf Höfen Zicklein und marktfrische Hopfensprossen standen – bajuwarische Finesse.

Schon lange hat sich Karl Ederer bewußt aus dem Zeremoniell der Sterneküche zurückgezogen, ohne Abstriche bei seinem Qualitätsbewußtsein zu machen. In Frankreich gibt es den Begriff Bistronomie für kleinere Gaststätten, die auf Spitzenniveau kochen, aber sich auf eine reduzierte Karte beschränken und auf preistreibenden Luxus verzichten – das österreichische Pendant dazu wäre Nobelbeisl. Karl Ederer verwirklicht diese Formel, die selten ist in deutschen Landen. Ein Gasthaus, ein Wirtshaus, in dem nicht nur bodenständig, sondern wirklich fein gekocht wird, ohne gleich Menuzwang und den Trend zu Miniportionen, der häufig mit Spitzenkost einhergeht, zu oktroyieren. Dazu passt die witzige Provokation, dass den Gastraum ein farbenfrohes sowjetisches Kolossalgemäle ziert, auf dem heitere Mitglieder einer Kolchose sich an einen festlich gedeckten Tisch voller Obst, Braten und Brot laben – auch ein Statement für gemeinsames Genießen, das ja jetzt sharing heißt, für die Freue am Einfachen, aber Guten? Für den bewußten Bezug der Produkte zur Landwirtschaft?

Das ist das Verlockende, das Privilegierte in diesem Restaurant. In der Stube mit wenigen Tischen oder dem kleinen Garten sitzen und sich von einem, der alle Kniffe der haute cuisine aus dem Eff-Eff kennt, einem Großmeister, der persönlich und allein in der Küche steht, der Brimborium abhold ist und sich nichts mehr beweisen muß, bekochen zu lassen. Individueller gehts nicht, und dass auf der Karte From-nose-to-tail-Ideen stehen wie lauwarmer Kuttel-Octopus-Salat ist ebenso spannend wie das in deutschen Gaststätten seltene Lamm. Wo wird Einfaches so klassisch zelebriert wie beim Freilandhuhn in Butter gebraten, das mit dem „Ederer-Markenzeichen“ feinstblättriges Kartoffelgratin im französischen Gußeisenförchen serviert wird? Bei aller souveränen Schlichtheit blitzt immer wieder Wissen um das beste Produkt, um die edelste Delikatesse auf – die Fischsuppe ist nicht einfach nur mit Safran, sondern mit den Staubfäden von teurem iranischen Safran gewürzt.

Ein Typ Restaurant, von dem wir gerne mehr hätten. Wir freuen uns am fair kalkulierten Wein und zum Schluß an der bodenständigen Dessert-Formulierung: Selbstgemachtes Sorbet mit gutem Schnaps.

RESTAURANT EDERER
Lindwurmstrasse 48
80337 München
089 74747928
Di-Sa
www.restaurant-ederer.de