Lauwarmer Kalbskopf, angerichtet mit hauchdünn geschnittenen roten Zwiebeln. Schlutzkrapfen, umspannt von einer virtuosen Teighülle, hauchdünn wie bei vietnamesischen Sommerrollen, so daß der grobgewiegte Spinat durchschimmert. Dann der signature dish dieses Weinbauernhofes: eine schneeweiße cremige Topfennocke eskortiert ein Tris. Lockerer Kasknödel. Mit Schnittlauch verfeinertem Spinatknödel, voll prallen Gemüsegrüns wie die Trentiner Priesterwürger strangolapreti. Und als Höhepunkt ein satt rosenroter, flaumig zarter Rohnenknödel. Ein Hinschauer von bestechendem Geschmack, ein Meisterwerk authentischer sparsamer Südtiroler Bergbauernküche, die lange vor dem veganen Hype um beetroots aus Rüben und Wurzeln Schmackhaftes zu zaubern wußte. Der Küche ist es gelungen, den stahlig-erdigen Geschmack frisch geriebener Roter Beete zu erhalten und doch ohne aufdringliche Herbheit in das milde Gesamtaroma der Speise einzubetten. Fast ein Smoothie in Knödelform!

Seltsam. Nachher habe ich in mein Buch Die schönsten Gasthäuser in Südtirol geschaut. Schon damals vor genau 20 Jahren habe ich den Patscheiderhof beschrieben. Und offensichtlich habe ich da genau das gleiche bestellt und natürlich genauso den atemberaubenden Blick übers Etschtal nach Karneid und den Gipfeln des Rosengarten eingesogen. Und ich habe die serpentinenreiche Auffahrt durch die mit rebstützenden Pergeln bestückten Weinbergsteillagen Oberbozens als automobilistisches Abenteuer genossen.

Also hat sich nichts gerändert? Oh doch, der damalige Geheimtipp Patscheiderhof ist inzwischen immer berühmter geworden. Unisono rühmen ihn italienische und deutschsprachige Guides. Fernsehköche wie der Bozner Witzigmann-Adlat Roland Trettl, der seine Ausbildung oben am Ritten begann, verklären ihn – nicht zu Unrecht – zum Inbegriff bodenständiger Südtiroler Gastlichkeit und indigener cucina povera, die aus schlichten Produkten ländliche Delikatessen zaubert.

Daß der Wirtsfamilie Rottensteiner dieser Ruhm nicht zu Kopf gestiegen ist, daß nicht steril modernisiert wurde, imponiert. Nicht nur das architektonische Juwel der holzgetäfelten Stube mit Herrgottswinkel blieb erhalten, auch die Buschenschank-Atmosphäre auf der Freiterrasse. Die Gäste wissen diese herzliche egalitäre Einfachheit zu schätzen. Am Nachbartisch spülen italienischsprachige Bolzanini Rippelen mit hauseigenem Vernatsch nach. Eins weiter haben sich um den rohen Holztisch Wandervögel versammelt, die sich mit Kaffee und Marillenkuchen bescheiden. Und wer so häufig hier einkehrt, daß er auf Neues neugierig wird, könnte sich an mediterranen Ausritten versuchen. Wobei die panierten Kürbisblüten mit Burrata und Tomatencoulis ziemlich mächtig ausfielen.

Patscheiderhof, Signat 178
I-39059 Post Oberbozen/ Ritten
Tel. +39 0471 365267 oder +39 347 2309257
www.patscheider-hof.com