Fish & Chips sind eigentlich in Andalusien erfunden worden. In den Hafenkneipen von Cádiz, dem atlantischen Tor zum spanischen Süd- und Mittelamerika, wurden nicht nur mariscos und kleinere Fische in spanischem Olivenöl frittiert, sondern auch die von den Conquistadores eingeführten Aztekenknollen. Sich in einer der freidurías wie dem Flores eine Überraschungstüte voll knuspriger calamares, pulpos, gambas und langostinos zu holen, gehört gefühlt zum kulinarischen Streetfood-Weltkulturerbe.
Aber manchmal sehnt man sich in Spaniens Fischereihäfen doch nach leichteren, duftigeren Rezepten der Fischzubereitung. Im Karnevalsviertel Barrio de la Vina wird man fündig. Das El Faro ist, wie der Name sagt, ein Leuchtturm feinster Meeresküche und sein marmorner Tapas-Tresen ein allabendlicher Gourmet-Treffpunkt. Eleganter Start: eine Auster mit ein paar Tropfen Jerez-Vermouth, ein feuerroter Carabinero und ein Seeigel, gefüllt mit Krabbentatar, Seeigeleiern und Zitronenschaum. Zu tortillitas de camarones, hauchdünnen Krabbenpuffern, mundet der lokale Entrechuelos-Chardonnay. Eine Rarität der Costa de la Luz sind Seeanemonen. Die frittierten ortiguillas, außen knusprig, innen pastös, schmecken wie eine Melange von Spinat und Seetang – zu diesem Meeresgemüse passt der darübergestrichene Hauch Ziegenfrischkäse überraschend gut. Doch die größte sensorische Überraschung war rape mozárabe. Bissfeste Tranchen vom schneeweißen Seeteufel (bzw. Lotte) wurden in einer süßen Sauce aus Oloroso-Sherry, Rosinen und Pinienkernen gereicht. Ähnlich gewürzte Fischrezepte mit Korinthen oder Zibeben tauchen ja in der levantinischen Küche Venedigs und der sarazenischen pasta con le sarde Palermos auf, aber hier gewinnen sie durch die geballte Traubensüße eine dezidiert andalusisch-maurische Note. Nicht umsonst verweist das Attribut mozarabisch auf spanische Christen, die einst unter islamischer Herrschaft die orientalische Zubereitungsart übernahmen, aber sie um den schweren vino dulce ihrer Heimat bereicherten. Selten so köstlich „Geschichte gegessen.“
El Faro de Cádiz, Calle San Félix 15, 11002 Cádiz, 0034 956 211068, www.elfarodecadiz.com