Zweimal Zwei

Eine Location, wo Münchens Schickeria samstags die Berliner Proll-Combi Currywurst-Champagner zelebriert: Ja mei, wo sollen die Armen denn sonst hingehen, schließlich leidet die bayerische Landeshauptstadt an einem eklatanten Mangel an Würstelständen.

Doch das Les Deux im Schäfflerhof kann auch anders. Im ersten Stock wird in einem lichten schiffsartig zugespitzten Raum, der durch große Fenster und minimalistische weiße Pilaster gegliedert wird, leichte, duftige haute cuisine auf der Höhe der Zeit geboten.

Zugegeben, Speisekarten, in denen etwas von Bresse-Taube und 6 kg schwerem bretonischem Steinbutt (statt der ökologisch verheerenden und geschmacklich enttäuschenden Babysteinbutt-Mode) steht, überzeugen mich spontan. Daß der Service erst einmal eine frischgebackene Brioche mit Salzflocken und Rosmarinzweiglein hinstellt, auch. Ein Riesenei im Glas, getoppt mit Erbschen und Avocado-Scheibe, entpuppt sich als Ingwerschaum, der mariniertes Thunfischsashimi umhüllt. Die nächste Augenweide folgt. Die rosa schimmernde Scheibe japanischer Gelbschwanzmakrele (Hamachi) wird von einer grünen Nudel aus geliertem Zitronengrassud umschlängelt – tänzelndes Teller-Ikebana. Die bittere Süße einer Kräuter-Ginger-Beer Emulsion sorgt zusammen mit einer dunkelgrünen pflaumigen Algenpaste für exotische Geschmacksnoten.

Nur ein Narr läßt, glaubt man dem französischen Wort sot-l`y-laisse, die Pfaffenstückchen der Poularde stehen, vor allem, wenn sie wie im Les Deux von einer cremig-pikanten Sauce mit Piment d’Espelette umschmeichelt und mit der knackigen Textur frittierter Mini-Artischocken konfrontiert werden.

In akkurat zugeschnitzten Quadern, die den künstlerischen Ehrgeiz der klassischen französischen Küche widerspiegeln, die Natur zu veredeln und zu geometrisieren, wird schließlich das Milchkalb präsentiert. Wobei der Filetblock, auf dem sich Sommertrüffel kräuseln, hübsch aussieht, aber nur einen blassen Auftakt für die geschmackliche Wucht und Tiefgründigkeit der geräucherten geschmorten Kalbsbacke bilden kann. Die umhüllende Sauce ist meisterlich reduziert und mit Honig aufmontiert, da kommt die Baguette noch einmal zum Einsatz, um dieses Aroma-Erlebnis restlos auszukosten. Touché – selten dieses Gericht so gut gegessen! Kurzum, hier wird auf Augenhöhe mit Frankreichs besten Restaurants gekocht. Cremant, Riesling oder Pinot Gris aus dem Elsäßer Familienweingut Henri Kieffer begleiten dieses Fünf-Gang-Menu, das angesichts der gebotenen Qualität mit 125 € vergleichsweise günstig kalkuliert ist. Der Esprit des Patrons Fabrice Kieffer, der in brillanter Diktion französische keywords in seinen discours gastronomique einflicht, machen ein Dîner chez Les Deux auch zum intellektuellen Vergnügen.

Les Deux, Maffeistraße 3A, 80333 München, Tel. 089/710407373, www.lesdeux-muc.de