Eine stille Seitengasse in der piemontesischen Trüffelhauptstadt Alba. Weiße Eckfassade. Kleine weit auseinandergezogene Buchstaben: L A L I B E R A. Sonst nichts. Sieht eher aus wie ein Graphikstudio als wie ein Ristorante.
Innen herrscht der gleiche Minimalismus. Weniges aber Edles erzeugt mit gelungener Lichtregie die behagliche Impression eines modernen Genußraums. Von der Decke hängt der Leuchtenklassiker PH Artichoke, 1958 vom Studio Louis Poulsen für ein Kopenhagener Restaurant entworfen. Durch ein Sichtfenster gewinnt der Gast Einblicke ins Kochgeschehen. Eine Käsevitrine stimmt auf die Vielfalt piemontesischer formaggi ein, sparsam drapierte Baroloflaschen auf das Weinterroir der Langhe.
„Nur oberflächliche Menschen urteilen nicht nach dem ersten Eindruck“ (Oscar Wilde). Die Küche löst souverän ein, was das Interieur verspricht. Eleganter Purismus pur, feinste Regionalküche, die keiner Schnörkel, keiner Deko bedarf. Insalata russa, trotz seines Namens längst eine piemontesische Spezialität, Gemüse mit selbstgerührter Thunfischmayonnaise angemacht. Messergeschnittenes Tatar vom Razza-Piemontese-Rind mit geschmortem Carmagnola-Paprika – rot in rot auf weißem Porzellan. Taube oder die edle finanziera, ein luxuriöses Innereiengericht aus Bries, Hahnenkämmen und Kalbfleischklößchen. Und als Krönung tajarin, die engelshaardünnen Fadennudeln von fast schon provozierendem Gelbton. Kein Wunder, das Traditionsrezept sieht 30 Dotter auf ein Kilo Mehl vor! Wenn dann Signora Flavia eigenhändig mit dem Trüffelhobel tartufi darüber reibt, könnte man Franz Keller zitieren: Vom Einfachen das Beste!
Ein kulinarischer Glückszustand, der auch nicht durch die Rechnung getrübt wird – denn das Lalibera sieht sich als Osteria mit liebenswürdigem Service, in deren gigantischem Weinkeller es nicht nur alte Barbarescos sondern auch spannende Grignolinos und Nebbiolos von kleinen Winzern um 20 € zu entdecken gibt.
Lalibera, Via Elvio Pertinace 24, I-12051 Alba, Tel. 0039 173 293155, www.lalibera.com